FASHION, BEAUTY AND CULTURE ON KITTENHEELS

All dressed up and nowhere to go

Vor einigen Wochen hätte niemand damit gerechnet, dass unsere fortschrittliche Gesellschaft so aus den Fugen gerät und durch kollektives #Stayhome weltweit viele in eine Existenzkrise gestürzt werden. Dort, wo vorher #workworkwork war, herrscht auf einmal gespenstische Stille und Nichtstun wird zur Königsdisziplin – ein Zustand zwischen Gedulds- und Zerreißprobe.

Ein fast schon übermäßiger Workload ist in unserer Gesellschaft keine Tendenz, sondern fester Bestandteil des Lifestyles. Immer on the Run und zwischendurch mal eine Sheet-Mask für die Work-Life-Balance. Dass man bei dem ganzen selbstauferlegten Stress auch immer gut angezogen sein muss, steht außer Frage. Die Problematik daran: Wir sind keine Übermenschen und irgendwann sind die Akkus einfach leer. Da hilft auch die pseudo Me-Time der Sozialen Netzwerke nichts, denn die ist just for the Gram und leider kein Gegenmittel für Überarbeitete. Umso mehr kommt uns momentan die Trend-Research-Plattform WGSN entgegen: Indem sie die Verschiebung des Arbeitsplatzes von einem klassischen Büro hin zu immer mehr Homeoffice-Optionen attestiert, knipst sie ein Licht am Ende unseres Tunnelblicks an. Durch diesen Wandel könnte auch die Arbeitskleidung reformiert werden. Der zusätzlich steigende Trend #Selfcare reiht sich dabei harmonisch in den Reigen über Achtsamkeit gegenüber dem eigenen Ich inklusive Kapazitäten ein.

Alles fließt bei diesem feinen Esemble für Fall/Winter 20 von Faltenwurf-Fachmann Issey Miyake.
© Illustration: Laura Lou Woodyard.

Hombody Hub oder the New Cozy

Gerade jetzt, wo diese Verschiebung keine Option, sondern ein Muss geworden ist, stehen viele vor der Frage, wie sie mit der neu entstandenen Situation umgehen sollen. Modisch schreit es nach Multitasking-Clothing. Praktisch, bequem und dennoch businesstauglich. Der Trend geht hin zu Alleskönnern. Chamäleon-Kleidung, mit der wir asap bereit für ein spontanes Lunch Meeting sind (#onlineonly) oder uns genauso gut noch einmal hinlegen können. Der Satz All dressed up and nowhere to go beschreibt die neue Staying-In-Mentalität hervorragend. Denn statt stundenlangem Fertigmachen, wirft man sich einfach in eine casual Loungewear, die wunderbar in jedem Tageslicht glänzt. Wichtig bei dem New Cozy ist natürlich der Faltenfrei-Faktor und es soll sowohl praktisch, als auch stylish sein. Hierfür eignen sich vor allem Teile, die fließen ohne zu knittern. Um die Bequemlichkeit zu erhöhen ist Strick très chic. Als ob sie eine Vorahnung hatten, treffen Modeschöper*innen wie Stella McCartney, Cecilie Bahnsen oder Issey Miyake mit ihren Herbst/Winterkollektionen 2020 genau in diese Kerbe. Dank der New Yorker Illustratorin Laura Lou Woodyard von @runwaycats können wir uns hier ein Bild machen, wie komfortabel the New Cozy aussehen kann.

Mit der Beschreibung Karo, schlicht und einfach lässig liegt man bei dem Fall/Winter 20 Lagen-Look von Stella McCartney genau richtig. © Illustration: Laura Lou Woodyard.

JOMO statt FOMO

2019 war die Fear of missing out noch ein ganz großes Thema. Nichts verpassen und immer alles mitnehmen – egal in welchem Lebensbereich. Für 2020 und alles was folgt, nehmen wir uns den attraktiven Kontrahenten vor: Einfach mal mit gutem Gewissen absagen. Zu Hause bleiben und nichts tun. The Joy of missing out, aktuell of Staying In, waren lange nicht so charmant – besonders, wenn wir damit unseren Mitmenschen etwas Gutes tun können. Auch hier lässt sich hervorragend socializen, denn Zuhause kann so viel mehr, als nur Workspace und Rückzugsort sein. Dinner, Dates oder Partys via FaceTime, Skype und Co sind eine willkommene Abwechslung während des Social Distancing. Screen-Meetings implizieren nicht, dass uns Nähe und Verbundenheit auf einmal abhandenkommen muss. Dieser verrückte Zustand sorgt eher für ein Zusammenrücken und das Entstehen neuer Räume im Digitalen, an denen Gleichgesinnte zusammenfinden.  

Bei der dänischen Designerin Cecilie Bahnsen erhalten Tagesdecken im Fall/Winter 20 ein DOB Upgrade.
© Illustration: Laura Lou Woodyard.

Nichtsdesotrotz möchten wir unter keinen Umständen auf die guten Dinge verzichten, sondern sie als Sahnehäubchen des Lebens weiterhin wertschätzen. Komme, was wolle – best dressed bieten wir der Zukunft die Stirn: Bold, gemütlich und mit der nötigen Leichtigkeit oder, um es im passenden Hashtag des Onlinemagazins Manrepeller zu sagen: #goingnowherebutfuckitimgettingdressed

© Illustrationen: Laura Lou Woodyard, Text: Fatima Njoya


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